„Für Kulturpessimisten und Zyniker ist Alpbach zur Zeit der Seminarwoche ein Ort des Trostes. Wenn das die Jugend von heute ist, dann bitte nur her damit“, schreibt Gudrun Harrer im „Standard“ vom 20. August. Und tatsächlich rauchten in der ersten Woche des Forums bei Seminaren zu verschiedensten Themen die Köpfe: Renommierte Referenten verschiedenster Gebiete trafen auf interessierte Zuhörer und stellten sich deren Fragen.
Besonders das Thema „An Energy Transition for the Future“ (und Vaclav Smil als polarisierender Experte auf diesem Gebiet) sorgte für Zündstoff und dominierte nicht nur die meisten Tischgespräche der Südtiroler Stipendiaten, sondern löste einen regelrechten Kampf der Ideologien aus; auch unter den anwesenden Wissenschaftlern. (Siehe dazu Blogeintrag vom 19. August.)
Trotzdem bietet Alpbach auch Veranstaltungen Raum, die sich nicht mit unmittelbaren Problemen der Gesellschaft befassen: Im Seminar „Ethical Implications of Religious Worldviews“ führten Christopher Hamilton vom King‘s College in London und Dominik Markl vom Päpstlichen Bibelinstitut in Rom philosophische Theorien von Friedrich Nietzsche und Simone Weil aus und gaben Einblicke in die sonst kaum zugängliche Welt der Biblischen Hermeneutik. Führt moralisches Handeln zu einem glücklichen Leben oder gilt das Motto „Auge um Auge und Zahn um Zahn“ nicht nur im Alten Testament, sondern auch in der modernen Gesellschaft? Diese und ähnliche Fragen regten uns zum Nachdenken an und brachten uns zum Schluss, dass Philosophie und Theologie vielleicht gar nicht so weit vom aktuellen gesellschaftlichen Diskurs entfernt sind, wie oft behauptet wird.
Katrin Niedermair