Nach fast 12 Tagen Alpbach ohne Alpbach wird es Zeit für eine kleine Reflektion.
Das diesjährige digitale Format des Forums – eher aus Not als aus Lust geboren – hatte wie so vieles seine Vor- und Nachteile. Einerseits war es dadurch möglich, Referenten zu begegnen, die vielleicht nicht persönlich nach Alpbach hätten reisen können und ist dadurch um Einiges reicher geworden, andererseits hat das Forum in seiner digitalen Form etwas an Intensität verloren, weil die Teilnehmenden einander und dem Ort Alpbach nicht so stark ausgesetzt waren – digitale Formate sind immer kuschliger als Live-Events.
Und kam der berühmte Alpbachspirit auf?
Ohne den Vergleich mit dem echten, dem Europäischem Forum Alpbach in Alpbach zu haben, kann ich trotzdem sagen, ja, da ist etwas. Da sind die vielen Fragen, die in den Chat gestellt werden, da sind die Begrüßungen aus allen Ecken der Welt am Anfang der Session, die sagen: „Ja, wir sind alle verstreut, aber wir sind auch alle hier, im digitalen Raum, und wollen zuhören, nachdenken, fragen, verändern“. Das ist wohl dieser Alpbachspirit – für sich genommen schon wertvoll, ist er gleichzeitig ein Vorgeschmack auf das hoffentlich im nächsten Jahr wieder stattfindende Live-Event.
Aber vielleicht war dieses Froum Alpbach 2020 in seiner besonderen Form sogar besser als ein normal stattfindendes Forum Alpbach dazu geeignet, das Thema Fundamentals zu adressieren. Ein normal stattfindendes Forum hätte zwischenmenschliche Interaktion – besser: Begegnung – schlichtweg vorausgesetzt und nicht oder kaum darüber reflektiert. Dieses Forum hat uns gerade durch die Abwesenheit persönlicher Begegnung gezeigt, dass diese eine notwendige Bedingung dafür ist, dass jene dialogische Tiefe erreicht werden kann, die das Forum Alpbach und darüber hinaus die Kulturgeschichte Europas seit den Antiken Griechen schon immer geprägt hat. Dieses Forum hat uns etwas gezeigt, das eigentlich banal ist: Zwischenmenschliche Begegnung lässt sich nicht digitalisieren. Hier hat die Digitalisierung einen unüberwindbaren Graben erreicht. Fundamental wird es sein, dass diese Erkenntnis nicht folgenlos bleibt: Zukünftige Foren sollen ganz bewusst vor Ort stattfinden und sie sollen so stattfinden, dass durch Begegnungen, zu denen auch ein existenzielles Ringen gehören darf, das neue Europa gedacht werden kann.
von Martina Damiani